
Willie Nelson – Live @ Manhattan Center Grand Ballroom (6. Mai 2010)
Während eines New York Kurztrips mit meiner Frau bot sich die Gelegenheit ein Konzert von Willie Nelson & Family zu besuchen. Dachte ich vor dem Auftritt noch, dass mit ‚Family‘
Willies Backing-Band gemeint war, so wurde ich an diesem Abend eines besseren belehrt.
Willies Backing-Band gemeint war, so wurde ich an diesem Abend eines besseren belehrt.
Als großer Verehrer der klassischen Country-Töne schätze ich Willie schon seit Jahren. Hatte aber bisher noch nicht die Gelegenheit ihn live zu sehen. 3 Stunden vor dem Konzert war bereits eine Schlange von c.a. 200m vor dem Eingang des Manhattan Center die sich stetig verlängerte.
Langsam füllte sich der ehrwürdige, bestuhlte Raum mit einem diversen Publikum wie ich es selten auf einem Konzert erlebt hatte. Altersmäßig wurde hier einen Bandbreite von 16 bis gefühlten 96 Jahren abgedeckt. Die Zusammensetzung des Publikums – ein Traum für jeden Soziologen: Geschäftsleute im Anzug, tätowierte Punker, Soldaten in Uniform, sowie langhaarige Hippies neben den ‚Okies from Muskogee.‘.Eigentlich gar nicht so verwunderlich, denn Willie selbst weiß ja auch mit 77 Jahren nicht wirklich ob er lieber als Cowboy oder Indianer geht.
Nach einer recht durchschnittlichen Vorband, dessen Frontmann offensichtlich ein großer Stevie Ray Vaughan Fan ist, kam dann Willie mit sehr positiv reduzierter, rein akustischer Besetzung von 6 Musikern auf die Bühne.
Whisky River eröffnete die Show. Weiter ging es mit vielen Traditionals und Songs von Ernest Tubb, Louvin Brothers, Hank Williams, Merle Travis, Kris Kistofferson und anderen Country Größen. Also eine ganz hervorragende Live Präsentation der aktuellen, von T Bone Burnett produzierten, CD ‚Country Music‘. Und das zweieinhalb Stunden lang! Inklusive einer hervorragenden Live Version von ‚Drinking Champage‘, meinem Lieblingslied auf besagter CD.
Das diversifizierte Publikum zollte es mit kollektiver Begeisterung, was die wirklich familiäre Atmosphäre wesentlich unterstützte. Vor uns sass eine Mutter, um die 50, mit ihrer vielleicht 17 Jahre alten Tochter und mehreren großen Macy’s Einkaufstüten. Neben meiner Frau sass ein junger Mann der während der ersten Stunde des Konzerts c.a. acht mal aufstand um sich und seiner Freundin Bier zu holen. Die durchgehend geöffnete Bar war genau wie Willies Performance auf das wesentliche reduziert: Whisky, Bier,Wodka und das ganze nochmal mit RedBull. Cola gab‘s natürlich auch. Wurden aber an diesem Abend nicht so gerne getrunken.
Eigentlich ist es ja bei bestuhlten Konzerten in USA nicht opportune aufzustehen. Aber bei verschiedenen Songs hielt es das Publikum nicht mehr auf den Sitzen. Das entwickelte sich dann zu einen Vorgang den man sonst eher aus der Kirche kennt. Wo an bestimmten Stellen gemeinsam aufgestanden und wieder hingesetzt wird. Und das funktionierte bei Willies Familie erstaunlich synchron.
Die Show endete dann mit ‚I Gotta Get Drunk‘. Und ich musste an ein altes Willie-Interview denken wo er gefragt wird: ‚Warum so viele Country Musiker extrem viel Alkohol konsumieren?‘. Willie schaut nur verdutzt und sagt: ‚Sind sie da sicher? Das ist mir noch gar nicht aufgefallen…‘
Er hätte vielleicht während des Konzerts mal kurz auf die Toilette gehen sollen. Abgesehen davon, dass die wirklichen Willie Fans diese benutzten um kontinuierlich Marihuana zu rauchen, musste sich der ein oder andere Besucher doch mal übergeben. So wie der c.a. 1,90 Meter große, und geschätzte 100 Kilo schwerer Mann mittleren Alters, der mit ausgestreckten Armen die Tür eines Toilettenhäuschens weit aufstieß, und dieses großflächig mit dem Inhalt seines Magens beglückte. Das kommt wohl in den besten ‚Familien‘ vor.