Interview mit TaVeren beim 39. CRS, 2008 Ch.L.: Hallo Freunde, ich kenne euch von Südafrika. Was hat euch nach Nashville getrieben?
T.V: Eigentlich sind wir nach Nashville gekommen, weil unser Vater wegen seiner Arbeit in die Staaten umgezogen ist. Wir mussten Zaire, heute die Demokratische Republik Kongo, fluchtartig verlassen. Mein Vater hatte dort gearbeitet. Zu der Zeit beherrschte ein Diktator das Land. Der „Gentleman”, der damals das Unternehmen geführte, wo mein Vater gearbeitet hat, hatte Verbindungen zur Regierung. Er konnte nicht auf meinen Vater verzichten und daher sagte er ihm, er könne nicht gehen. Leute, die wir durch die Kirche in Zaire kennen gelernt hatten, haben Vater bei der Flucht geholfen. Er ist mitten in der Nacht auf dem Rücksitz eines Taxis unter einer Decke geflohen. Am nächsten Tag kam die Militärpolizei und suchte Vater und fragte, wo er denn sei. Wir sagten ihnen, dass er bereits weg sei und sich in den USA aufhalte. Da hätte die Militärpolizei eigentlich fast meine Mutter, meine Brüder und mich erschossen und keinen hätte das gekümmert. Die Regierung war ganz sicher korrupt. Aber die Leute von der Militärpolizei drehten sich um und gingen. Wir hatten dann eine sehr angespannte Zeit, weil wir erst genug Geld zusammen bekommen mussten, um in die USA zu fliegen. Ja, und dann sind wir in die Staaten gekommen. Wir haben alle die Universität besucht. Justin und Jerome sind nach Arizona an die Westküste gegangen. Ich habe eine Uni an der Ostküste besucht. Und wir haben alle unabhängig von einander begonnen, Musik zu machen und haben das nicht gewusst. Justin hatte mir eine Musikdatei geschickt, wo er singt. Ich hatte es nicht gleich verstanden, wer da sang. Ich dachte, er macht Witze. Ich hatte ihn dann angerufen und gefragt: „Wer singt da?” Und er sagte: „Na, das bin ich.” Ich konnte das nicht glauben und habe den Telefonhörer aufgelegt. Ich dachte ehrlich, dass er mich zum Narren halten wollte, aber dann hat er zurückgerufen und gesagt: „Also, ehrlich, dass bin ich.” Ich habe ihm dann gesagt, er müsse an die Ostküste kommen, damit wir Musik machen können. Zwei Jahre später haben wir dann ein Album mit einem Produzenten gemacht, der einen Grammy gewonnen hatte. Wir haben die besten Songschreiber von Nashville für das Album gewonnen. Das sind Leute, die für Keith Irvine, Emerson Drive und Rodney Atkins geschrieben haben. Wir sind also ganz zufrieden, wie es momentan läuft.
Ch.L.:Das war eine ziemlich umfangreiche Antwort, ich mag das.
T.V: Afrika, Nashville, das ist die Kurzantwort (lacht).
Ch.L.: Ich komme aus Europa, da kann man ruhig umfassender antworten.
T.V.: (Lacht) Du musst eine viel größere Auffassungsgabe haben als die meisten Zuhörer hier in den Staaten, wir meinen das jetzt nicht böse.
Ch.L.: Wie würdest du eure Musik beschreiben?
T.V.: Die Musik, die wir spielen, ist ein Mix. Wir waren Teens als wir in die Staaten gekommen sind. Unser Vater liebte Countrymusik und hörte viele dieser alten, sehr bekannten Künstler wie Randy Travis, Travis Tritt und Garth Brookes. Das waren schon ziemlich viele, aber er mochte auch Künstler wie Credence Clearwater, Bad Company, Jefferson Airplane, Starship und all diese verschiedenen Richtungen. Das hat uns natürlich auch geholfen, unseren Sound zu formen. Da wir Brüder sind, ist Harmonie unser Ding. Vielleicht kann man auch sagen, dass wir etwas von Little Big Town oder Rascal Flats oder Nickel Creek gemischt mit Dave Matthews, U2 oder John Mayor haben. Da ist also Vieles, was man so erkennen kann. Wir sind von vielen verschiedenen Künstlern und ihren Stilrichtungen beeinflusst worden.
Ich glaube, europäische Zuhörer werden sofort Verbindungen zu den Bee Gees herstellen, weil ja da auch Brüder performt haben. Als Songschreiber sehe ich mich auch beeinflusst durch David Gray.
Ch.L.: Was war deine erste Inspiration als du in die USA gekommen warst?
TV: Ja, also, dass ist eine echt gute Frage. Meine erste Inspiration war das gesamte kulturelle Spektrum. Wir waren gerade aus dem Kongo gekommen und in Knoxville, Tennessee, gelandet. Das war alles so hektisch, schnell und vielfältig. Da gab es Burger King, die Hauptstadt und so weiter. Ich glaube, wie Justin schon sagte, alles war voller Inspiration und Möglichkeiten. Du konntest überall hingehen, alles machen, mit jedem reden, diese persönliche Freiheit war so toll.
Justin: Wir kamen also aus dem Kongo, wo es die ganze Zeit Sommer ist und hier war plötzlich Winter als wir ankamen. Und das wohl Spannendste war, als wir zum ersten Male ein großes Einkaufszentrum, eine Mall, gesehen haben. Wir mussten da einfach hin, wir waren ja in Sandalen und Shorts hier angekommen und brauchten dringend warme Kleidung. Und da gehst du in die Mall hinein und da gibt es 1000 verschiedene Mäntel, die man kaufen kann. Dieses Gewaltige verbunden mit der riesigen Auswahl hat uns wohl am meisten inspiriert.
Ch.L.: Was habt ihr euch für die nächsten 2 oder 3 Jahre vorgenommen?
T.V.: Ich glaube, wir möchte gern verfolgen, wie unsere Single ‘Laugh A Little’ die Charts stürmt. Wir haben auch vor, weitere Singles zu veröffentlichen und im Radio zu senden. Wir haben gesehen, wie gut das erste Album angenommen wurde. Wir haben da eine ziemlich große Palette an Songs, die wir gern für ein zweites oder drittes Album nutzen möchten, wenn uns das Glück hold ist. Wir würden uns auch freuen, auf Tour zu gehen, wir machen sehr gern Live-Shows und lernen gern neue Leute kennen. In den kommenden Jahren werden wir wohl viel live spielen, um so richtig bekannt zu werden, damit die Leute uns erkennen und wir Fuß fassen als Musiker in der Branche.
Ch.L.: Und dann geht es nach Deutschland…
T.V.: Wir reisen wirklich gern, wir sind schon in vielen Ländern in Afrika gewesene. Wir waren fast überall in den Staaten und in Amerika und England. Cole ist in Italien gewesen. Das ist für uns eine große Sache. Wir sagen den Leuten immer, dass sie keine leblosen Dinge sammeln sollen, aber dafür Erfahrungen, weil das Reisen absolut das Beste auf dieser Welt ist. Ich würde gern eine Europa-Tournee machen wollen und dann auch nach Deutschland kommen. Das wäre wirklich ein großes Ding für uns. Wir sind sehr kulturinteressiert, wir haben schon viel gesehen, aber eben noch nicht alles.
Von uns Drei mag ich Essen am liebsten. Und ich kann es fast kaum erwarten, nach Deutschland zu kommen, um die deutsche Küche und richtig gutes Essen zu probieren.
In den nächsten zwei bis drei Jahren möchten wir den Leuten etwas bieten. Wir hoffen, dass wir aufsteigen in den kommenden 6 Monaten, wo die Tour mit mehr Musikern beginnt, damit wir selbst in den nächsten 2 bis 3 Jahren größere Sachen machen können, neue Musik zu bieten, weil es gibt so viel gute neue Musik, die viele Leute schon wieder vergessen haben.
Wie TaVeren
Ch.L.: Viele Künstler sehen ihre Musik als ihren “eigentlich echten” Job an. Habt ihr einen geregelten Arbeitstag, so von 9 Uhr früh bis 17 Uhr bei eurer Musikkarriere?
TV: Momentan sind wir noch angestellt und die Musik ist zwar unser Hauptziel, aber nur zweites Standbein. Wir müssen schon noch etwas tun, wenn wir nur von der Musik leben wollen. Das heißt nicht, dass wir das nicht gut fänden oder uns unsere momentane Situation nicht zusagt, aber es ist halt mal Teil des Profigeschäfts und man muss eben auf die Möglichkeit warten, bis man voll ins Musikgeschäft gehen kann. Bisher haben wir so viele Dinge gemacht, während wir herangewachsen sind, das ist nicht einfach so eine Aufgabe, das ist Freude pur.
Und dann ist da noch, dass wir das alles so richtig mögen. Wir werden sehr oft von jüngeren Künstlern gefragt, die noch lange nicht dort angekommen sind, wo wir schon sind, welche Hinweisen und welchen Rat wir ihnen geben würden. Wenn du nicht uneingeschränkt in der Musik aufgehst und lieber einen anderen Job für den Rest deines Lebens machen möchtest und jemanden bezahlen musst für die Möglichkeit, so zu spielen, dann ist die Musik nicht deine Passion und du solltest es nicht zu deinem Broterwerb machen. Wir sind nun da angekommen, dass wir in den nächsten 2 bis 3 Jahren keine Zeit mehr haben werden, um irgendetwas anderes zu tun. Und die Musik wird dann ein Full-Time-Job. Und das ist eine grandiose Erfahrung.
Ch.L.: Ich wisst, ich beginne am 1. August ein Charity-Projekt “Help”, um behinderte Kinder zu unterstützen. Habt ihr Erfahrungen mit behinderten Menschen oder unterstützt ihr sie?
T.V.: Aber natürlich. Ich werde diese Frage beantworten. Ich bin Jerome. Wir sind große Befürworter solcher Projekte und der Grund liegt besonders in meiner Erfahrung mit geistig behinderten Menschen. Unsere Großmutter hatte bipolare Psychose. Sie lebte mit uns seit unserer Kindheit, somit hatten wir die unmittelbare Erfahrung. Ich habe auch lange in einem Krankenhaus für Psychiatrie gearbeitet. Ich habe die Aufnahme von Patienten gemacht und ich war 10 Stunden täglich mit 40 verschiedenen Patienten zusammen. Daher sind geistig behinderte Menschen mir besonders nah, aber auch körperbehinderte Menschen kann ich gut verstehen. Wir möchten gern unsere Erfahrungen und Erfolge mit anderen teilen und ihnen etwas zurückgeben. Unser Vater hatte sich da besonders engagiert, er hat immer anderen gegeben, ja, mehr gegeben, als er jemals erhalten hat. Man sollte jede Chance nutzen um jemand anderem Gutes zu tun, sich um jemanden zu kümmern, der weniger vom Glück abbekommen hat als man selbst.
Wir gehören wohl zu den gesündesten Menschen, die wir kennen. Wir haben voll funktionstüchtige Gliedmaßen, wir sind in keiner Weise behindert und wir wachen jeden Morgen auf und freuen uns, dass es so ist. Hier haben wir etwas so Absolutes, dass uns unbedingt dazu bringen sollte, jede Gelegenheit zu ergreifen, anderen Menschen zu helfen.
Ch.L.: Wie können euch Fans erreichen, die nicht an eure Musik herankommen?
T.V.: Sie können uns eigentlich über zwei Wege kontaktieren. Myspace ist nun so groß geworden, da haben wir einen Myspace Account mit myspace.com/taverenmusic. Dann ist da unsere aktuelle Webseite www.taverenmusic.com. Bei Myspace machen wir die Sache als Brüder selbst. Das ist schon sehr speziell und wir wollen nicht, dass irgendjemand die E-Mails beantwortet. Wir wollen also keine schablonenhaften Antworten, die aussehen wie vom Roboter gemacht. Für uns ist es wichtig, dass die Antworten auch persönlich sind. Der einzige Grund, warum wir hier sind und dieses Gespräch führen, ist, dass die Leute unsere Musik hören und dann sagen, dass sie sie wirklich gut fanden. Daher ist es wichtig für uns, dass wir täglich daran erinnert werden, dass, wenn wir keine Verantwortung übernehmen können, die Sachen selbst zu beantworten, wir es nicht verdienen in der Position zu sein, wo wir jetzt sind.
Ch.L.: Danke für das Interview und ich hoffe, wir sehen uns dann im nächsten Jahr wieder.
Christian Lamitschka ( Ch.Lamitschka@t-online.de )
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