Interview mit Ray Walker beim 39. CRS, 2008
Ch.L.: Ray, Willkommen beim CountryHome Magazine.R: Vielen Dank. Ich freue mich sehr hier zu sein.
Ch.L.: Bitte stell unseren Lesern in Europa Ray Walker vor.
R: Ok, Ich bin Ray Walker, seit 50 Jahren die Bassstimme bei Jordanaires. Ich habe eine liebe Frau, wir sind dieses Jahr 54 Jahre verheiratet. Wir haben 6 erwachsenen Kinder, 15 Enkel, 4 Urenkel, und wir haben 35 Patenkinder.
Ch.L.: Wow, das ist ja ein ganzer Kindergarten…
R: (lacht) Das ist sogar mehr als ein Kindergarten. Man erwartet einfach nicht von dir, dass so viele auf einmal kommen. Aber wir singen noch und wir arbeiten noch. Ich meine das Quartett. Wir haben die Touren ein bisschen reduziert hier in den Staaten, aber wir arbeiten immer noch, haben unsere Sessions und machen unsere Shows hier in den Staaten.
Ch.L.: Du bist nun schon so lange im Musikgeschäft. Welches war dein beeindruckendster Moment?
R: Also, eigentlich haben wir nie gesagt, das ist das Beste, was je passieren kann, vielleicht nur nach jeder Session. Unsere Entscheidung von HilliBilly zu Countrymusic war richtig, ja. In den 1940er Jahren gab es erst HilliBilly, dann Pop und dann Klassik.
HilliBilly war Folkmusic aus den Bergen, Pop bedeutete Frank Sinatra und alle Sänger, die ähnlich wie er performten. Na, Klassik bedeutete Oper. Und ziemlich bald haben die Leute neue Dinge probiert, ihre Talente entwickelt und man musste dem neuen Sound, der eben anders war, einen neuen Namen geben. Die Leute wechselten von HilliBilly zu dem, was sie Countrymusic nannten. Dann gab es da noch BlueGrass, die spezielle Sache aus den Südstaaten, das hieß dann eben BlueGrass. Für eine lange Zeit gab es HilliBilly, BlueGrass, Country, Pop und Klassik.
Dann kamen die späten 1950er Jahre, als Elvis dachte, er sei Countrysänger, und er wollte beim Grand Old Oprey auftreten. Keiner wusste mit ihm und seinem Sound etwas anzufangen. Er wurde gut aufgenommen, aber das Publikum saß vor ihm und starrte ihn an. Auf dem Weg nach Hause nach Memphis hat er furchtbar geweint. Er redete sich ein, dass man ihn total abgelehnt hätte. Der Manager vom Oprey hat ihm tatsächlich den Rat gegeben, er soll beim LKW-Fahren bleiben und die Finger von dem Sound lassen. Oh, Mann, ich bin so froh, dass Elvis nicht auf diesen Rat gehört hatte. Als Elvis dann anfing, seine Countrymusic zu machen, da hat er ‘Blue Moon of Kentucky keep on shining‘ gesungen. (singt) Klar doch, das war BlueGrass und dann hatte er noch den Black Blues von Big Momma Thornton; (singt) ‘that’s alright momma’ . So würde sie es singen. Ganz plötzlich hatten wir dann Black Blues und Spirituals der Schwarzen. Elvis mochte Spirituals sehr, deswegen hat er uns gemocht, er hörte unsere Musik Sonnabendabends beim Oprey. Und dann haben wir noch seinen merkwürdigen Sound, der weder zu HillyBilly oder Country oder irgendeinem anderen Sound gepasst hat. Selbst Conway Twitty dachte erst, es sei Country. Und dann, ganz plötzlich hatte Elvis einen Hit in einer anderen Hitliste.
Oh, ich vergesse immer wieder den Namen dieses Discjockeys von Cleveland. Einmal hat er eine Live Sendung im Radio gemacht und hat Elvis Musik gespielt und all die anderen Sachen, was nach ihm kam. Der Discjockey sagte: also Freunde, ich weiß jetzt nicht, was ich euch sagen soll, aber diese Kids rocken und rollen durch die Straßen. Und mit diesem Satz war der Rock’n’Roll geboren und damit gab es einen Namen für diesen speziellen Country-Sound, der nicht zu HillyBilly, Pop oder so passte.
Später dann, als Elvis immer besser wurde, hat sich selbst der Pop noch unterteilt. Heute ist Pop eher eine Metal-Sache oder so. Wir haben heute so viele verschiedene Musikrichtungen, dass ich da schon nicht mehr mitkomme. Es gibt auch so viele unterschiedliche Charts.
Wenn wir mit einer Session fertig waren, dann hatten wir das Gefühl, unser jeweils Bestes gegeben zu haben. Wir wussten genau, wenn ein Song ein Hit werden würde, wie ‘Battle Of New Orleans’, als Johnny Horton kam. Wir hatten das damals mit ihm gemacht. Nur wenige Country-Platten verkauften Millionen. Von dem Song wurden fünfeinhalb Millionen Platten in 17 Wochen verkauft. Dann gab es da noch ‘Bismarck’ und dann kam ‘Rolling Dust’ von der Westküste. Ja, wir haben da mit vielen Country-Künstlern gearbeitet, da waren Fern Young, Ferlin Husky, Loretta Lynn, Barbara Mandrell und ihre Schwestern, Sunny James, Johnny Preston, beide mit ‘Running Bear’ und ‘Little White Dove’.
Alles, was wir gemacht haben, war ein einziger Nervenkitzel, ein einziger Kick. Der Markt entwickelte sich gerade erst zu Anfang 1960 mit Patsy Kline und mit Sängerinnen, die einen Pop-Sound in die Countrymusic bringen wollten. Wann immer wir mit ihnen eine Session gemacht haben, dann war das ungemein aufregend und großartig. Ich glaube, keine der Sessions ging irgendwie daneben, es waren vielleicht nicht immer die Hits dabei. Aber als wir mit Presley oder Rick Nelson arbeiteten, wussten wir, dass der Song gehört wurde, weil sie sich selbst einbrachten. Dolly Parton war auch toll. Das sind die Leute, die man sah, und sie haben auch ihre ganze Seele in ihre Musik gepackt. Wir wussten, wir hatten gute Arbeit geleistet, weil wir eben unser Herz voll in die Musik eingebracht haben. Uns gefällt es immer gut, wenn ein neuer Künstler auftritt, den man noch nicht gehört hat und wir helfen können, einen Hit zu landen. Und ganz plötzlich sind sie dann in den Charts ganz oben.
Ch.L.: Ray, es gibt so viele Musiker, die sich bemühen, Künstler zu werden. Hattest du jemals diesen Traum?
R: Weißt du, eigentlich habe ich nie einen besonderen Traum gehabt, ich habe auch noch nie in meinem Leben Bewerbungsunterlagen ausgefüllt. Ich habe immer gearbeitet, weil Arbeit da war. Wenn es so aussah, dass es mit einem Job zu Ende ging, dann wartete da schon der nächste. Und ich habe da gewechselt, noch ehe der alte Job richtig abgelaufen war. Ich habe nie gekündigt und habe dann einen Job suchen müssen. Ich habe auch nie davon geträumt, eine Solokarriere zu machen. Als ich am College war, da habe ich meinen Professoren gesagt, als ich gefragt wurde, eine Tournee durch den Osten der USA zu machen, dass das super wäre, besser als gar nichts, aber ich habe abgelehnt. Und bei der Tournee gab es 500 Dollar in der Woche, was 1952 / 53 sehr viel Geld war. Ich bin also zu meinen Profs gegangen und habe gesagt: ‚Man hat mich gerade gefragt, ob ich eine Tournee als Solist durch die Oststaaten machen will. Ich hätte nie Solist werden wollen. Ich wollte in einem Quartett bleiben. Und das einzige Quartett, in das ich wirklich gut reinpasse, sind eben die Jordanaires. Denen habe ich damals gesagt, dass ich noch zwei Jahre am College hätte. Nach einem Jahr und 9 Monaten habe ich dann das College abgeschlossen und nach einem Telefonat sind die Jordanaires und ich in Kontakt gekommen. Ich bin am nächsten Tag hingefahren, wir haben zusammen geprobt und gleich am nächsten Tag ging es mit ihnen nach Hollywood.
Verstehst du, und so ist es mein ganzes Leben lang gewesen. Mich interessiert es nicht, ob ich nun ein Star bin. Im vergangenen Jahr war ich im März in Dublin und die haben mich bei Youtube gezeigt, das war bei der ‘Late, Late Show’. Ich weiß nicht, warum man diese Show die, ‘Late, Late Show’ nennt, weil sie fängt 21 Uhr an. Ist auch egal. Jedenfalls hatte ich mehr als 50 Anrufe mit Anfragen, als Solist nach Europa zu kommen. Ich bin die Bassstimme bei den Jordanaires. Seit meiner Highschool –Zeit mache ich auch eigene Shows.
Ch.L.: Was war das absolute Interessanteste, was dir in deiner langen Karriere, passiert ist?
R: Oh, ich glaube, da gibt es nur eine Sache. Das Beste ist wohl, dass es mir gelungen ist, meine Familie zusammen zu halten, wenn man sich so anschaut, was da im Musikgeschäft abläuft.
Ch.L.: Du hast in deiner langen Karriere sehr viele Menschen kennen gelernt. Wer hat dich am meisten geprägt und an wen würdest du dich im Notfall wenden, wenn du Hilfe brauchst?
R: Was ich jetzt sage, sage ich nicht, weil es nett klingt. Also es waren zu aller erst meine Eltern. Mein Vater hat mir als ich 6 war auf die Füße geholfen. Das bedeutet nicht, dass er mich spezielle im Musikgeschäft sehen wollte und mich gezielt darauf getrimmt hat. In unserer Kirche – The Church Of Christ – haben wir Acapella gesungen. Alle Welt kennt mich als Führungsstimme, ich habe über zweieinhalb Millionen Leuten beim Singen meine Leadstimme gegeben. Mein Vater hat mich aufgebaut und meinen ersten Vertrag für meinen ersten öffentlich gesungenen Song gemacht. Wie gesagt, da war ich 6. Alles, was ich getan habe und wozu ich in der Lage bin, ist das Ergebnis seiner Worte: Mach keine falschen Kompromisse, lass dich nie zu etwas überreden, was du nicht willst. Na ja, manchmal habe ich schon Kompromisse gemacht, aber ich habe das nie wegen des Geldes getan, weil Geld ist nicht das Wichtigste in meinem Leben. Ich hätte, weiß Gott, jede Menge Geld verdienen können.
Ich würde sagen, so mit dem ganzen Drumherum, dass meine Eltern und die Kirche den größten Einfluss in meinem Leben hatten. Bei der Kirche bin ich noch heute die Leadstimme und ich unterrichte auch jede Woche. So, das war meine ehrliche Antwort.
Ch.L.: Wo können interessierte Leute mehr Informationen über dich finden?
R: Wir haben da einige Sachen im Internet: www.jordinairres.net, www.jordinairres.com oder www.jordinairres.org. Ich bin da bei allen drei Quellen zu finden. Ich sage den Leuten immer, dass man sich ’ .com’ einfacher merken kann als ‘.net’. Bei ‘.org’ habe ich herausgefunden, dass es eine gemeinnützige Organisation ist. Man kann auch über Google gehen und Jordanaires eingeben, dann erscheint da meine Website mit einer kurzen Biografie von jedem und einem Abriss der Geschichte der Jordanaires. Das wär’s, was ich so über mich sagen kann. Ich werde keine Autobiografie schreiben. Die Höhen und Tiefen in meinem Leben gehen keinen etwas an. Ich will auch keine Trauerfeier. Ich will nur, dass man schreibt: ‘Ray ist gestorben. Bitte spenden Sie für wohltätige Zwecke. Unterstützen Sie Ihre Kirche und helfen Sie Kindern. Lasst mich los.”
Ch.L.: Danke für diese Informationen…
R: (lacht) – Ich hoffe, das beantwortet alles.
Christian Lamitschka ( Ch.Lamitschka@t-online.de )
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