Interview mit Mirko Glaser, The Lazy Boys
M.G.: Die Lazy Boys existieren seit 1997, wobei die Besetzung ab und zu gewechselt hat. Von der Originalbestzung sind heute noch Raoul Lesche (Kontrabass) und Mirko Glaser (Voc, Rhythmusgitarre) dabei. Ursprünglich als Rockabillyband gegründet, tendierten die Lazy Boys immer mehr in Richtung Americana/Country. Das ist schon beim ersten Album “Mexican Sweetheart” zu hören, und ist so geblieben bis zum nunmehr 3. Studioalbum “Shadows”, welches bei PART Records erscheint. (1.4.2010)
Ebenfalls von Anfang an legte die Band Wert darauf, eigene Songs zu schreiben und zu spielen. Das Repertoir der LBs umfasst zur Hälfte selbstgeschriebene Stücke, zur anderen Hälfte Coverversionen so verschiedener Künstler wie Steve Earle, Johnny Cash, Tom Waits, Lefty Frizzel. Stilistisch orientieren sich die 4 Musiker , insofern man das sagen kann, eher am Country des Lower Broadway des heutigen Nashville.
Mittlerweile gehören zu den Lazy Boys Mirko Glaser (voc,rh-git), Johannes “Joe” Gerstengarbe (git), Mario “DJ Devil” Wachsmann (dr) und Raoul Lesche (b).
Ch.L.: In Europa hat die Country Musik viele neue Fans gewonnen, die vielleicht zum ersten Mal von Dir hören. Wie würdest Du die Musik, die Du machst jemandem beschreiben, der Dich noch nie zuvor gesehen oder gehört hat?
M.G.: Die Lazy Boys haben es in den letzten 13 Jahren verstanden, ihren ganz eigenen Sound zu prägen, Johnny Cash meets Jim Morrisson meets Tom Waits, und das alles mit einer gehörigen Portion Rock&Roll und Rockabilly. Wer schon einmal in Nashville war und die Bands am Lower Broadway nachts gehört hat, bekommt eine ungefähre Vorstellung, wie Country rocken kann, und genau das bringen die Lazy Boys sowohllive als auch auf Platte rüber.
Ch.L.: Welches ist Deine aktuelle CD und wie erfolgreich ist sie?
M.G.: SHADOWS, Part Records, VÖ 01.04.2010. Wie erfolgreich die Platte sein wird, das wird sich zeigen, aber wir hoffen doch, daß es auch in Zeiten des Digitalen Wahnsinns noch genügend Fans gibt, die das echte Medium in der Hand halten wollen, zumal das Album im Mai auch noch in 180g-Vinyl erscheinen wird.
Ch.L.: Wie bist Du auf den Titel für die CD gekommen und was hat Dich dazu inspiriert?
M.G.: Shadows bezieht sich sowohl auf den Titelsong als auch auf die Schattenseiten des Lebens. Unsere Texte handeln oft von unerfüllter Liebe, Einsamkeit und grenzwertigen Momenten des Lebens. Das sollte aber niemanden in die Irre führen,die musikalische Umsetzung ist meistens fröhlicher Natur. Schwarz und weiss sozusagen. Auch beim Cover erkennt man die Schatten, wir haben uns durch Frank Miller inspirieren lassen.
Ch.L.: Schreibst Du die Songs selbst und wenn nicht, wie findest Du die Songs für Deine Alben?
M.G.: Viele Songs schreibe ich selbst, bei Coversongs greifen wir auf unsere Lieblingssongs zurück, die meist auf irgendwelchen B-Seiten zu finden sind. Jeder von uns hat einen umfangreichen Musikgeschmack, der sich zwar grob auf das Thema Country/Rock&Roll reduzieren lät, allerdings trotzdem sehr unterschiedlich ausfällt. Unser Bassist mag die großen Countryballadencrooner, unser Drummer ist im Rockabilly der 50er Jahre zuhause, der Gitarrist, welcher in Nashville studiert hat, neigt zu AltCountrymusikern, insbesondere Lyle Lovett hat es ihm angetan, und ich selber bin bewandert im sogenannten Singer/Songwriter-Genre, höre gern Steve Earle, KC McKenzie, Ray LaMontagne…
Ch.L.: Welches von all den Liedern, die Du aufgenommen hast ist Dein Lieblingssong und welche Geschichte steckt dahinter?
M.G.: Im Moment ist das “Waves” vom neuen Album, ein Song, den ich vor zwei Jahren für meine Freundin geschrieben habe. Ich war in den Staaten unterwegs,hing in einer dieser unzähligen kleinen Clubs rum und hatte Heimweh. Perfekte Inspiration…
Ch.L.: Wieviel kreative Kontrolle hast Du über Deine Musik?
M.G.: 100%. Bei einem Indielabel zu erscheinen hat den großen Vorteil, da´ß dir niemand reinredet, weil es dort, jedenfalls sind das meine Erfahrungen, oftmals zuerst um Enthusiamus geht, als um kommerzielle Erfolge.
Ch.L.: Hinter einem Nummer Eins Hit steckt viel Arbeit … was gehört dazu, dass er zur Nummer Eins wird?
M.G.: Diese Frage kann ich im Moment nicht beantworten, da wir noch keinen Nummer-1-Hit hatten. Wobei, wenn ich mich recht erinnere, waren wir mal Nummer 1 in den Rockabilly-Charts von mp3.com, aber das ist 10 Jahre her. Da haben unsere Fans einfach oft genug den Titel gehört, weil er ihnen offensichtlich gefiel. Heutzutage ist sicher am wichtigsten, ordentlich zu promoten, und alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die die neuen Medien bieten. Einfach so zu Radiosender gehen wie seinerzeit Elvis, dass ist ja leider kaum noch möglich in Zeiten des Formatdudelfunks…
Ch.L.: Wie sehr beeinflussen Deine Songs Deine Zuhörer?
M.G.: Es kam schon vor, daß Menschen vor Freude geweint haben. Das ist natürlich ein sehr ergreifender Moment. Aber am schönsten ist es, wenn Menschen im Publöikum tanzen und die Songs mitsingen, dass zeigt, dass sie die Lieder intensiv hören, und die Geschichten verstehen.
Ch.L.: Das Internet spielt in der Welt der Musik eine immer größere Rolle. Hat Dir das Internet geschadet oder geholfen und wie wünscht Du Dir seine zukünftige Entwicklung?
M.G.:Uns als kleiner Band hilft das Internet auf jeden Fall, um unseren Bekanntheitsgrad auszudehnen. Es ist aufgrund der technischen Entwicklung der letzten 10 Jahre einfach kein Problem mehr, Menschen selbst im entferntesten Winkel der Welt zu erreichen. Wunderbar, um zum Beispiel Konzerte in Gegenden zu promoten, in denen man nie zuvor war.
Ch.L.: Zu wem siehst Du musikalisch auf und woher kommen Deine musikalischen Wurzeln?
M.G.: Ich sehe nicht wirklich zu irgendjemandem auf. Respekt habe ich vor jedem Menschen, der seine eigene Musik schreibt und spielt. Gengreunabhängig. Allen Musikern begegne ich jedoch auf Augenhöhe, ich denke, es gibt keinen Grund, zu jemandem heraufzusehen. Sicher gibt es Autoren, deren Werk ich sehr schätze, aber dort beeindruckt mich dann nicht sosehr der musikalische Aspekt, sondern eher das oft jahrelange beharrliche Wirken. Genannt seien an dieser Stelle Kris Kristofferson, T Bone Burnette, Steve Earle…Mich fasziniert, wie Menschen sich aus den Tiefen und Niederungen des Lebens wieder hochkämpfen. Townes Van Zandt, der es nicht geschafft hat, sich wieder hochzukämpfen, oder Hank Williams zählen allerdings ebenso zu meinen Favoriten, aufgrund der wunderbaren Poesie in ihren Songs.
Ch.L.: Was hältst Du von der heutigen Country Musik im Vergleich zu ihren Wurzeln und wohin glaubst Du wird sie sich in der Zukunft entwickeln?
M.G.:Die heutige Countrymusik ist ja keine Einheit. Auf der einen Seite gibt es die ganze AltCountryszene, auf der anderen Leute wie Wayne Hancock oder Hank III, die sich vom Popcountry Nashvilles nicht vereinnahmen lassen, ebenso gibt es aber auch dort brillante Interpreten wie z.B. Brad Paisley, Garth Brooks u.v.a.m., die es trotz des Drucks der Popindustrie schaffen, immer wieder ganz großartige Songs auf ihren Alben unterzubringen.Ich denke, Country wird es immer geben, denn in der Urform der Musik, der Hausmusik, findet man alles was man braucht. Das heit dann im Plattenregal Worldmusik, Blues oder Country, aber im Eneffekt handelt es sich um Lieder, die Menschen singen und spielen, um von ihrem Leben zu erzählen. Man glaubt gar nicht, wieviele Melodien aus Rumänien oder Bulgarien sich in amerikanischer Countrymusik wiederfinden. Die großen Plattenfirmen werden sicher nach und nach an Bedeutung verlieren, aber die Countrymusik als essentielle Spielart wird es immer geben.
Ch.L.: Wenn Du die Möglichkeit hättest etwas in der Musikindustrie zu verändern, was wäre das?
M.G.: Ich glaube, ein Patentrezept dafür gibt es nicht, aber im großen und ganzen würde ich versuchen, darauf Einfluß zu nehmen, dass die Industrie wieder versucht, Musiker aufzubauen, anstatt innerhalb kürzester Zeit zu versuchen, den größtmöglichen Profit auszupressen, um dann die Künstler fallenzulassen wie heiße Kartoffeln.
Ch.L.: Als Künstler muss man viele verschieden Dinge tun, wie zum Beispiel Aufnahmen machen, auf Tournee gehen, Interviews geben, usw. Was machst Du am Liebsten, welches ist Deine Lieblingsbeschäftigung?
M.G.:Live spielen.
Ch.L.: Wie bist Du zur Country Music gekommen … gibt es dazu eine Geschichte?
M.G.:Meine Eltern hörten viel Elvis und Johnny Cash, als ich heranwuchs, begann ich, Springsteen zu hören, Dylan, Cash.So kam eins zum anderen.
Ch.L.: War Dein Weg zum Erfolg hart oder einfach?
M.G.:Erfolg ist relativ, der große Erfolg ist ja für uns noch nicht da, aber grundsätzlich denke ich, dass jeder Erfolg hart erarbeitet werden muß, und vor allem darf man bei vermeintlichem Erfolg nicht glauben, daß er für immer dableibt, sondern muß weitermachen.
Ch.L.: Was motiviert Dich? Was hat Dich dazu inspiriert Künstler zu werden?
M.G.:Die Lust und die Freude, sich mit musikalischen Mitteln ausdrücken zu können.
Ch.L.: Was ist einzigartig an Dir und unterscheidet Dich von anderen Künstlern?
M.G.:Unser Sound ist nicht genau einer bestimmten Art des Country zuzuschreiben, wir sind Grenzgänger. Ich denke, das unterscheidet uns.
Ch.L.: Welche Momente Deiner Karriere sind Dir als Höhepunkte und Erfolge auf die Du stolz bist besonders in Erinnerung?
M.G.: Im Moment ist das wohl gerade die Fertigstellung unseres neuen Albums, aber im Grunde genommen sind wir stolz auf jeden Abend, an dem die Menschen , vor denen wir spielten, sich freuten und Spß hatten.
Ch.L.: Wer ist Dein schärfster Kritiker, Du selbst oder Andere?
M.G.:Wir sind selbst unsere härtesten Kritiker, aber auch befreundete Musiker nehmen wir sehr ernst.
Ch.L.: Wenn Du frei hast, wie entspannst Du Dich am Liebsten?
M.G.:Das macht jeder von uns anders, aber um ehrlich zu sein, haben wir kaum frei. Musik, Job, Familie, da kommt einiges zusammen.
Ch.L.: Gibt es etwas in Deinem Leben, das Du ändern würdest wenn Du es könntest?
M.G.:Ich kann nicht für aqlle sprechen bei dieser Frage, aber ich selbst? Nein.
Ch.L.: Welche Hoffnungen und Wünsche hast Du für Dein Privatleben?
M.G.:Das soll so bleiben wie es ist.
Ch.L.: Was war die größte Enttäuschung in Deinem Leben?
M.G.:Die war noch nicht da.
Ch.L.: Viele Europäische Fans reisen zur Fan Fair nach Nashville, da sie dort die Möglichkeit haben viele ihrer Lieblingsstars zur gleichen Zeit zu sehen. Wirst Du daran teilnehmen und wie können die Fans Dich finden?
M.G.:Ich glaube nicht, dass wor dort spielen werden, unsere USA-Touren fürhen uns eher in den Südwesten.
Ch.L.: Wenn Du auf Tournee bist, hast Du dann Zeit auch Tourist zu spielen?
M.G.:Ja,klar. Wenn nicht gerade 800 Meilen zu fahren sind.
Ch.L.: Heute holen sich viele Musikfans ihre Informationen über Künstler aus dem Internet. Hast Du eine eigene Webseite und welche Informationen über Dich können die Fans im Internet finden?
M.G.:www.lazyboys.de / www.myspace.com/nomorelazy / http://www.facebook.com/pages/The-Lazy-Boys/356935202726?ref=mf
Ch.L.: Welche Pläne hast Du für die Zukunft?
M.G.:Mehr Musik, neue Alben, viele Konzerte.
Ch.L.: Hast Du einen Lieblingssong, den Du nicht aufgenommen hast und wenn Ja, warum nicht?
M.G.:”Good Bye” von Steve Earle. Weil er das selber schon perfekt getan hat.
Christian Lamitschka ( Ch.Lamitschka@t-online.de )