Interview mit Lucie Diamond
Ch.L.: Lucy, willkommen in Nashville und willkommen bei CountryMusicNewsInternational.com . Du kommst aus Großbritannien. Was hat dich nach Nashville geführt?
L: Ich bin eigentlich schon viermal in Nashville gewesen.
Ich schreibe hier sehr viel und ich habe auch schon viele Shows gemacht. Deshalb bin ich hier diesmal. Ich schreibe mit echt coolen Leuten hier und ich habe jede Menge Shows.
Das ist schon ein besonderer Ort und für Countrymusik eben ganz speziell. Und wenn man Countrymusik macht, da muss man einfach hierher kommen. Ich würde es allen empfehlen, diese Erfahrung unbedingt zu machen und nach Nashville zu kommen. Und außerdem geht es nicht nur allein um Countrymusik, da ist noch Vieles mehr, wie du sicher schon selbst gesehen hast.
Das heißt hier “Music City” – die Stadt der Musik – hier findet man alles rund um die Musik. Ich komme gern hierher, um mir die vielen verschiedenen Bands anzusehen, die hier spielen.
Ch.L.: Es ist schon interessant hier in Nashville jemanden aus Großbritannien zu treffen, der extra herkommt um Songs zu schreiben. Ich weiß, dass du ein spezielles Seminar zum Songschreiben am 5. März hast. Mit wem schreibst du?
L: Wann ist der 5. März? Welchen Tag haben wir heute? Ich weiß jetzt nicht genau, mit wem ich da zusammenarbeite.
Ich schreibe hier jeden Tag und habe da etwa 10 Namen.
Ich werde mit Delbert McClinton schreiben, der ist wirklich cool. Vielleicht kennt ihn jemand von euch. Ich werde mit ihm an einem dieser Tage schreibe. Da sind aber noch andere richtig gute Songschreiber hier, die ganz große Hits hatten, die die Leute wirklich kennen. Das wird alles eine ganz große Erfahrung für mich.
Ich schreibe in Großbritannien und habe da viele Leute, mit denen ich arbeite. Ich schreibe aber auch allein. Hierher zu kommen und Songs zu schreiben, ist aber total anders. Nashville ist eine richtige Song-Schreiber-Stadt. Du gehst da mit jemandem in einen Raum, den du überhaupt nicht kennst, und innerhalb von 2 bis 3 Stunden soll dann ein Song fertig sein. So fix geht das in England mit dem Songschreiben nicht immer. Man muss schon sehr diszipliniert und auf Zack sein.
Ch.L.: Was machst du 2008 in Nashville, warum bist du hier?
L.: 2008 möchte ich mein Album ‘I want to be rich’, das im vorigen Jahr veröffentlicht wurde, promoten..
Dann sind da jede Menge Shows, nicht nur in Großbritannien, aber auch in Frankreich und Litauen.
Ich bin gerade von Deutschland gekommen nach einer Promotour mit vielen Shows. Wir spielen an vielen Orten und ich mache da viele Shows gemeinsam mit meiner Band.
Ch.L.: Wie bekannt ist Countrymusik in Großbritannien?
L.: Sie ist nicht so bekannt. Die Wahrnehmung der Countrymusik bezieht sich auf den traditionellen Country- und Westernstil. Da gibt es so Inseln in Europa, wo man so richtig dem Country- und Westernstil frönt, mit allem, was es gibt wie Kleidung, Tanz usw. Es gibt wenige Künstler, die sich an der amerikanischen Countrymusik orientieren. Das ist so meine Musikrichtung. Das Profil der Countrymusik wird zunehmend breiter und ich möchte da mitmischen. Ich möchte den Leuten gern zeigen, dass sich die Countrymusik weiter entwickelt hat und ich möchte sie wissen lassen, dass das richtig gut ist.
Ch.L.: Kannst du dich an deinen ersten Aufenthalt in Nashville erinnern?
L.: Ja, klar, ich hatte furchtbare Angst. (lacht) Ich hatte echt Muffensausen. Es war irgendwie unheimlich, weil, wenn man Countrymusik singt, dann muss man unwillkürlich nach Nashville als dem Zentrum. Ich fühlte mich furchtbar unter Druck gesetzt. Ich hatte dann einige Schreibseminare und einige Shows. Meine erste Show in Nashville war vor Leuten von Country Music Weekly. Alle Journalisten saßen da und beobachteten mich. Ich war so erschrocken und aufgeregt und habe dann angefangen, meinen ersten Song zu singen. Dann fiel alles ab von mir und die Show lief ganz gut. Den Leuten hat es gefallen und danach wollten alle ein Autogramm von mir. Sie baten mich auch, meine CD zu signieren. Das klappte also hervorragend. Am Ende hatte ich mich dann an das Flair und das ganze Drumherum gewöhnt. Die Leute sind hier schon OK.
Ch.L.: Bist du schon hier in Nashville und Umgebung aufgetreten?
L.: Ja, da kommen schon einige Shows zusammen, auch mit der Band. Es ist hier alles ein bisschen anders. Ich spiele hier nicht so viel wie in Großbritannien, weil sie meist große Shows ansetzten, so mache ich dann eben große Shows. Aber hier mache ich so Sachen wie das Song-Schreiber-Seminar, wo ich mein neues Material ausprobieren kann. Da ist es egal, ob da nur zwei Leute zuhören oder der Barmann da ist. Für mich ist es wichtig, zu probieren, zu spielen. Ich probiere und singe auch in einer Telefonzelle, wenn es sein muss.
Ch.L.: Für mich als Deutschen ist Englisch schon nicht so einfach. Wie ist das für dich, weil es hier in Amerika doch so oft andere Bedeutungen für englische Wörter gibt?
L.: Ja, genau, das habe ich beim Songschreiben auch schon herausgefunden. Die sagen hier so Sachen wie “lets have a bunch of babies” (wörtlich:lass uns ein Bündel Babies haben), das würde bei uns keiner sagen. „Bunch“ bedeutet bei uns Strauß (bunch of flowers = ein Strauß Blumen), Bund (bunch of keys = Schlüsselbund) oder Traube (bunch of grapes = Weintrauben). Wir benutzen das in Songs nicht.
Wenn da jemand über Frauen aus dem Süden spricht (Southern women) oder den südlichen Weg (Southern way), dann würde das in Europa eine total andere Bedeutung haben. Wenn ich also vom „bunch of babies“ oder den „Southern women“ singen würde, dann würde das nicht nach einem echten englischen Künstler klingen. Also, habe ich da andere Wege gesucht. Es ist auch lustig mit der Aussprache, das ergibt dann ganz andere Reime im Song.
Ch.L.: Bei den Seminaren für Songschreiber muss es da ja ziemlich lustig zugehen, wenn da jeder mit einer anderen Bedeutung für die gleiche Sache ankommt.
L: Ja, also echt, dass kann schon lustig sein. Aber es ist auch eine interessante Erfahrung. Manchmal ergibt sich etwas Lustiges und dann ist es mal OK. Wir haben da einen richtig guten Song, für den wir eben entscheiden müssen, welches Englisch es sein soll. Ich als Engländerin kann ihn nicht singen. Ich hatte gestern ein Seminar und da wurde über eine 44er gesprochen, das ist eine Pistole. Das ist aber nicht die Terminologie, die wir in England nutzen. Daher mussten wir den Text ändern, damit auch mehr Fluss reinkam. Na,ja, ich bin Engländerin und was ich singe, muss schon glaubwürdig rüberkommen. Ich würde keinesfalls ‘Redneck Woman‘ singen (redneck bezieht sich auf die Südstaaten der USA, oft mit einem reaktionären Anstrich, andere Übersetzung: Prolet). Das könnte ich einfach in England oder Europa nicht singen, wir haben keine „rednecks“.
Ch.L.: Da wird es wohl zwei Versionen des Songs geben, einmal für einen Auftritt zu Hause in Großbritannien und einmal für einen Auftritt in den USA?
L.: Nein, nein, es wird nur einen Text für den Song geben. Dass, was ich hier performe, den Text habe ich selbst geschrieben.
In Europa singe ich auch Coverversionen, z.B. Songs von Winona, die von hier kommt, von den Dixie Chicks, die du vielleicht kennst, und auch von Tanya Tucker. Ich habe da so verschiedene Songs im Repertoire. Wenn ich hier auftrete, dann bemühe ich mich schon nur Songs zu performen, die ich selbst geschrieben habe oder Songs von meinem Album. Am Freitag bin ich im Bluebird Café aufgetreten, das ist das Mekka der Songschreiber aus der ganzen Welt. Da habe ich Songs von meinem Album präsentiert.
Ch.L.: Das ist ja fast wie in Deutschland, da performen die Bands auch oft Coverversionen. Wie ist das so in Großbritannien?
L.: Ja, das ist bei uns genauso. In Europa und England gibt es aus verschiedenen Gründen diese Coverversionen. Ein Grund ist, dass das Publikum den Text verstehen möchte, die Leute sind nicht so für neue Sachen zu haben, die sie vom Text her nicht kennen. Dann möchten die Leute tanzen, vor allem Linedancing, weißt du…
Ch.L.: Das klingt so, als würdest du Linedancing sehr mögen…
L.: (lacht) Die Leute mögen Linedancing und sie wollen auch den Song verstehen. Es mag vielleicht frustrierend für europäische Bands sein, wenn sie Coverversionen spielen, aber manchmal kann man dazwischen auch die eigenen, neuen Songs unterbringen. Bei meiner Show sind 5 Coverversionen dabei. Die Leute können tanzen und sie können auch zu jedem anderen Song von meinem Album tanzen.
Ch.L.: Wie siehst du das, wenn du hier in den Staaten auftrittst und deine eigenen Songs performst, hören dir die Leute hier mehr und aufmerksamer zu als in Europa?
L.: Weißt du, das ist wirklich seltsam.
Die Leute hier in Nashville hören sehr genau zu, erfassen jedes einzelne Wort und wenn du z.B. im Bluebird Café auftrittst, dann ist es da mucksmäuschenstill. Ich kann die gleiche Show in Großbritannien machen, da werden sich die Leute unterhalten und nicht so genau hinhören.
Es kann schon frustrierend sein, aber du musst das einfach akzeptiere, dass das Publikum nicht zuhören will. Wenn ich Songs schreibe, dann möchte ich den Leuten sagen, was der Hintergrund dafür war, was mich inspiriert hat. Manchmal kann das für mich schon ziemlich wichtig wesen sein. Oder eine wahre Geschichte bildet den Hintergrund für einen Song. Wenn ich hier bin und die Geschichte zum Song erzähle und die Leute zuhören, dann wird im Hintergrund die ganze Sache visualisiert. Damit wird das Hörerlebnis des Publikums auf eine ganz andere Ebene gehoben. Vielleicht hört man in Großbritannien einfach nicht genug zu.
Nashville ist eine echte Songschreiber-Stadt, hier wird ein Song geschätzt und sie sehen auch, dass es mehr ist als das bloße Schreiben. Man sieht die Disziplin und das handwerkliche Können, die einfließen. So ist ein Song für das Publikum hier mehr als in Großbritannien. Das Publikum hier ist auch total anders als in England, somit wird auch eine total andere Erfahrung vermittelt. Hier sind eben viele Songschreiber und Sänger versammelt.
Ch.L.: So, wenn jemand mehr über dich erfahren möchte, was kann er tun?
Man kann also meine Website www.luciediamond.com besuchen and ich habe auch eine Seite bei myspace, die richtig cool ist, wenn man in Verbindung kommen will. Ich habe da viel Fanpost, meine Fans schicken mir auch E-Mails unter myspace.com/luciediamond. Ich bin immer bei myspace und ich kommuniziere mit meinen Fans, die mich dann auch über die Website kontaktieren können oder eben über myspace. Ich werde alle Fragen persönlich beantworten und da sind auch Chats möglich.
Ch.L.: Ich werde ein großes Charity-Projekt, das “HELP” heißt, beginnen, um behinderte Kinder zu unterstützen. Bist du auch aktiv, um behinderten Menschen zu helfen?
L.: Ich mache sehr viel für behinderte Menschen.
Ich habe einen behinderten Cousin, der an cerebraler Paralyse leidet. Ich kenne mich also gut aus mit Charity-Veranstaltungen und Spendensammlungen, wir haben da schon sehr viel gemacht.
Ich bin in Afrika sehr aktiv. Ich habe mich sehr gefreut, dass man mich angesprochen hat, als Botschafterin für die Soul Of Africa Kampagne tätig zu sein. Ich darf hier gemeinsam mit Nelson Mandela, Sir Richard Branson und der Leinwandikone Brad Pitt arbeiten. Im September und Oktober des vergangenen Jahres war ich in Mozambique und habe die Opfer von Landminen besucht.
Es gibt immer noch so viele Landminen in Afrika, vielleicht so 100 Millionen. Und der wohl schlimmste Ort ist Mozambique. Es gibt dort noch so unendlich viele Landminen, und Kinder und Familien werden da immer noch täglich schwer verletzt. Wir versuchen dort zu helfen, damit diese Landminen endlich verschwinden. Sir Richard Branson hat die Nutzung von Wärmebildtechnik vorgeschlagen, mit deren Hilfe man vom Helikopter aus die Minen aufspüren kann.
Wenn die Landminen erst einmal weg sind, dann soll das Land rekultiviert werden, damit die Menschen wieder selbst Landwirtschaft betreiben können, um sich und ihre Familien zu ernähren. Das ist viel besser als ständig auf fremde Hilfe angewiesen zu sein.
Das ist eine Sache, die mir sehr viel bedeutet. Ich habe dabei schon viele wunderbare Menschen kennen gelernt. Ich war auch in einem Waisenhaus, einer Missionsstätte für Kinder, die ihre Eltern wegen der Landminen verloren. Die Kinder waren so toll, sie haben mich echt begeistert. All diese Erlebnisse und meine Aktivitäten sind auf der Website. Eine komplette Seite widmet sich meiner Tätigkeit gegen die Landminen.
Ch.L.: Danke für das Interview, Lucie.
L.: Ich danke dir auch sehr, vielen Dank.
Christian Lamitschka ( Ch.Lamitschka@t-online.de )
www.MySpace.com/ChristianLamitschka